Jordanien | Individuell reisen - Aktueller Reiseführer JORDANIEN

Kapitel 6 - Der Norden - 2

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Durchs Jordantal über Pella nach Norden

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 Diese Route beginnt, wie die vorige, in Amman. Von der westlichen Autobahnumgehung folgt man der Ausschilderung Dead Sea (s. S. 154) und fährt über Na’ur die Autobahn hinunter, Richtung Totes Meer. Kurz vor dem Ende verwzeigt sich die Straße nach Süden und rechts in die Jordantal-Straße nach Norden (As Shouna South).

Generell sollte man im Grenzgebiet zu Israel stets seinen Pass wegen möglicher Kontrollen griffbereit halten. Hat man das Dokument vergessen, muss man eventuell umkehren.

As Shouna South

(Arabisch As Shouna al Janubiya)

As Shouna – Shaunah ausgeschildert – existiert doppelt, einmal hier am südlichen Ende des Jordantals, zum anderen im Norden, dort wo die Straße 10 nach Irbid abzweigt; allerdings wird die dortige Stadt auch mit Ma’ad bezeichnet.

Mitten im Ort zweigt nach links eine Straße zur Grenzstation King Hussein Bridge (auch Allenby) nach Israel/Palästina bzw. Jerusalem ab, rechts geht es nach Salt und Amman. Es handelt sich um die wichtige Direktverbindung zwischen Amman und Jerusalem, also Jordanien mit dem Westjordanland.

Die geradeaus führende Straße 65 zieht sich durch die überaus fruchtbare Jordantalebene. All das Grün beiderseits der Straße, all die vielen Früchte und das Gemüse können nur dank künstlicher Bewässerung erzeugt werden. Fleißige Bauern haben im Jordantal einen Garten Eden geschaffen, dessen Früchten man auf Schritt und Tritt gewahr wird. In seiner Nutzung scheint dieser Landstrich der Landwirtschaft auf israelischer Seite kaum nachzustehen.

Der Jordan

Der Namensgeber unseres Gastlandes, der Jordan, wäre in Zentraleuropa ein unbedeutendes Gewässer. Im Wüstenland Jordanien hingegen ist er einer der wenigen, aber sehr wichtigen Flüsse mit steter Wasserführung. Er folgt dem nördlichen Beginn des ostafrikanischen Grabenbruchs. Die Grabenzone wird Ghor genannt, sie erweitert sich von 4 km Breite im Norden auf etwa 11 km im südlichen Gebiet.

Das eigentliche Jordantal liegt etwas tiefer, es heißt Zor und ist in der Regel aus militärischen Gründen nicht zugänglich, da die Grenze zu Israel im Fluss verläuft. Diese um durchschnittlich 8 Grad wärmere Zone als das Umland bestand bis in die 1950er Jahre aus Steppe. Seitdem der fruchtbare Boden vor allem durch den ab 1959 gebauten East Ghor Canal, der sich aus dem Yarmuk-Fluss speist, bewässert wird, hat er sich in blühendes Fruchtland verwandelt, in dem dreimal jährlich geerntet wird. Die Obst- und Gemüsekulturen – unter anderen Tomaten, Gurken, Zwiebeln, Auberginen, Zitrusfrüchte, Melonen, Bananen – versorgen heute nicht nur inländische Märkte, sondern bedienen auch arabische Nachbarstaaten. Etwa 120 000 Menschen nutzten die Chance und siedelten sich hier an.

030CH IMG 0411 Bethanien Taufstelle am Jordan mit Bewachung

Der Jordan in voller Breite am Taufplatz in Bethania – bewacht vom Militär, denn auf der anderen Flussseite beginnt Israel.

Der Jordan ist erstaunlicherweise seit alters Grenzfluss: im Altertum zwischen den mediterranen Großstaaten und den östlichen Wüstenvölkern, heute zwischen Israel und Jordanien. Seit einigen Jahrzehnten wird ihm besonders auf israelischer Seite das Wasser abgegraben; bald nach Verlassen des Sees Genezareth muss er so viel Wasser an landwirtschaftliche Projekte abgeben, dass er bald nur noch als dunkles Rinnsal dem Toten Meer entgegenfließt. In der Realität dient er als Abwasserkanal der israelischen Siedlungen, die ihre Abwasserbehandlung, wenn überhaupt, sehr oberflächlich betreiben. Das „heilige Wasser“, das man hüben und drüben abgefüllt als Devotionale kaufen kann, wäre, wenn es denn an der Taufstelle aus dem Jordan geschöpft würde, eher „heiliges Abwasser“.

Aber der Jordangraben gehört auch zu den ältesten Siedlungsgebieten der Menschheit. Die vor über 9000 Jahren gegründete Stadt Jericho, auf der Westseite des Jordans, gilt als eine der ersten menschlichen Stadtsiedlungen. Auch die Ostseite des Grabens weist diverse prähistorische und historische Siedlungen auf, von denen allerdings die meisten eher nur für Fachleute interessant sind.

Charakteristisch für diese Siedlungen sind ihre Hügel (arabisch Tell) in der Landschaft, wobei es selten um echte Hügel geht, sondern um “Müllberge”. Denn die einfachste Methode, ein Haus zu bauen, bestand über Jahrtausende darin, aus Lehm geformte Ziegel in der Sonne trocknen zu lassen und sie dann zu Wänden aufzustapeln. Derartigen Bauweisen ist kein allzu langes Leben beschieden; entweder werden sie von einem der seltenen Regen wieder in Schlamm aufgelöst oder sie zerbröseln. Zusammengestürzte Wände aber wieder aufzubauen, macht keinen Sinn. Daher planiert man den Boden und baut, diesmal erhöht, erneut ein Haus. So kann ein Tell im Lauf der Zeit bis zu 40 m hoch wachsen.

Die Umweltinitiative Friends of the Earth Middle East (FoEME), die von jordanischen, palästinensischen und israelischen Umweltschützern bzw. NGOs getragen wird, beklagt, dass heute nur noch etwa 10 Prozent der ursprünglichen Wassermenge das Tote Meer erreichen, und das sind hauptsächlich Abwässer. Israel verbraucht pro Kopf und Tag 300 Liter Wasser, Jordanien 120 und den Palästinensern bleibt das Existenzminimum von 60 Litern. Hauptnutznießer (oder Verschwender) ist die Landwirtschaft, die sich umstellen oder durch z.B. Arbeitsplätze im Tourismus ersetzt werden müsste. FoEME will das Jordantal von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufnehmen lassen – mit diesem Trick soll das Tal vor weiterem Raubbau geschützt werden.

Die Dörfer und Städte sind in die unfruchtbare Zone gebaut, um kein kultivierbares Land zu vergeuden. Uns erinnert diese Gegend an den schmalen Streifen des Fruchtlandes im ägyptischen Niltal, der ebenso intensiv genutzt wird, allerdings noch dichter bevölkert ist.

*Deir Allah

Deir Allah heißt Haus Gottes. In der Nähe, bei Pnuel (Tlul ed Dhahab), soll laut Altem Testament Jakob mit dem Engel gekämpft und anschließend Hütten (Sukkot) gebaut haben, daher wird auch der biblische Name Sukkot verwendet.

Fast hinter dem nördlichen Ortsausgang erhebt sich links der Straße, neben einer Tankstelle, ein 30 m hoher, kahler Hügel, auf dem 1500 vC ein Heiligtum gebaut und offenbar 1200 vC durch ein Erdbeben mit anschließendem Feuer zerstört worden war; die Besiedlung dauerte jedoch noch bis ins 4. Jh vC an. Ein kleines Museum liegt, von der Hauptstraße aus, an der Tankstelle vorbei hinter dem Hügel, beschützt von einer üppigen Bougainvilleahecke. Es besteht zwar nur aus einem einzigen vollgepackten Raum, vermittelt aber einen Eindruck der Ausgrabungsfunde.

031WT Deir Allah

Deir Allah liegt unübersehdar an der Jordantal-Straße

Leider verwischt die Erosion, in buchstäblicher Windeseile, sehr schnell wieder alle Ausgrabungsbemühungen. Wenn man den Hügel besteigt, der eingezäunt wurde und nur von der Hauptstraße her zugänglich ist, so wird man, außer mit den verwehten Narben der Grabungen, nur mit einem Rundblick belohnt. 

MEHR im Reiseführer Seite 223

Tell el Ammta

Kurz vor Kurayima ist von der Hauptstraße wiederum ein recht hoher Erdhügel, der Tell el Ammta (auch Saidiyeh), westlich der Straße in Jordannähe zu erkennen. Der Hügel war von der späten Bronzezeit, mit einer Unterbrechung zwischen 700 und 400 vC, bis zur islamischen Zeit bewohnt.

Auf der Nordseite des 42 m hohen Tell führen von der Hügelplattform über 100 Stufen am Hang hinab zu einem 6 m tiefen Brunnen, der von verschiedenen Quellen ganzjährig gespeist wird. Wie die Archäologen herausfanden, war die Treppe offenbar vollständig überdacht, damit die Hügelbewohner bei Belagerung Zugang zum Wasser hatten. Der Hügel, bereits im militärischen Grenzgebiet gelegen, bietet einen schönen Blick direkt ins Jordantal, ansonsten lohnt der Abstecher wohl nur für Archäologen.

Al Mashara

Das kleine Städtchen besitzt nur insofern touristische Bedeutung, als man kurz vor dem Ortsende rechts abzweigt, um auf schmaler Straße nach Pella zu kommen.

**Pella (auch Tabaqat Fahl)

Hintergrund: Die (angeblich) unversiegbare Quelle Ain el Jirm versorgt das witterungsgeschützte Wadi Jirm el Moz beständig mit Wasser. Kein Wunder, dass sich hier Siedlungen seit Jahrtausenden nachweisen lassen. Bereits aus der Zeit des Mesolithikums (20 000-8000 vC) und des Neolithikums (8000-4500 vC) wurden zahlreiche Gegenstände gefunden; in der Kupfersteinzeit (Chalkolithikum 5000-3600 vC) entstanden Häuser und ein kleines Dorf am Jebel Sartaba; während der mittleren Bronzezeit (2200-1500 vC) war Pella eine blühende kanaanitische Stadt.

Pharaonische Berichte aus dem 19. Jh vC erwähnen den Platz ebenso wie die sogenannten Amarna-Briefe aus der Hauptstadt des Pharao Echnaton aus dem 14. Jh vC. Alexander der Große eroberte 332 vC Palästina und soll die Siedlung Pella, zu Deutsch „Schönheit“, genannt haben. 310 vC wurden makedonische Veteranen angesiedelt, 83 vC zerstörten Truppen des Alexander Iannäus aus Judäa die blühende hellenistische Siedlung, weil die Bewohner sich nicht jüdischen Gesetzen unterwerfen wollten. Pompejus befreite 63 vC die Stadt, gliederte sie in die römische Provinz Syrien ein und ließ sie wieder aufbauen.

032WT IMG 0364 Pella Tal Basilika

Talbasilika von Pella, im Hintergrund die Quele, von der man früher glaubte, sie würde nie versiegen...

Kennenlernen: Das oberhalb der Ruinenstadt gelegene Resthouse sollten zumindest autofahrende Besucher für einen ersten Eindruck zunächst aufsuchen. Mit herrlichem Blick auf die Westbank Palästinas können Sie hier die zu Ihren Füßen liegenden Ruinenstätten bewundern, oder, noch besser, auch den Sonnenuntergang hinter den galiläischen Bergen Israels. Versuchen Sie, von hier oben einen Überblick über das weitläufige Gelände mit seinen jeweils voneinander isolierten Grabungsplätzen zu gewinnen: Unten im Tal lag das ehemalige Stadtzentrum, auf dem westlich gegenüberliegenden Hügel Khirbat Fahl (an der Zugangsstraße) steht am weitesten entfernt die Westbasilika, davor die Zisterne und am näher liegenden Hang die omayadischen Hausreste. Im Osten, dort wo sich das Tal schon verengt, ragen am Jebel el Khas die wiederaufgerichteten Säulen einer weiteren byzantinischen Kirche auf, der Ostbasilika.

MEHR im Reiseführer ab Seite 225

Zurück zur Jordantalstraße

Jordan EcoPark 

„Der EcoPark ist ein verstecktes Paradies, das auf seine Entdeckung wartet,“ ist auf der Website zu lesen, und das stimmt. Es mutet nahezu wie eine subtropische Umgebung an, dichtes Grün bedeckt den Wadiboden bis an die wüstenhaften Wadiwände. Dank des ein Stück talaufwärts gelegenen Tiglab-Damms wird das Wadi reichlich und ständig bewässert.

MEHR im Reiseführer Seite 227

As Shouna (North)

(Die Stadt taucht auch unter Shouna As Shamaliyeh bzw. Ma’ad auf Karten auf.) Das heutige Stadtgebiet von Shouna war schon in der frühen Bronzezeit (5.-3. Jahrtausend) besiedelt, aber die moderne Bebauung hat fast alle Spuren begraben. 

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Das nun kommende Jordantal ist relativ breit und wiederum dicht an dicht grün bewachsen. Bald nimmt die Straße nordöstliche Richtung ein, um dem Yarmuk-Tal zu folgen.

Achtung: Auf dieser Straße herrscht ziemlich strenges Fotografierverbot, die Grenzsoldaten beobachten das mit Ferngläsern.

Abzweig

Rechts nach Umm Qays, links ein 5 km Abstecher nach El Hamma.

*El Hamma (auch El Himmeh)

Der kleine, bereits in der Antike als Hammat Gader bekannte Badeort liegt unten im Tal, aber oberhalb des Yarmuk-Laufs. Die Mineralquellen entspringen 121 m unter dem Meeresspiegel, sie speisen u.a. das am Ortseingang rechts liegende Heilbad, das in den letzten Jahren heruntergekommen ist und geschlossen wurde. Nach dem Bad und der folgenden Linkskurve steht auf der linken Straßenseite das ehemalige Römische Bad, erkennbar an einem kleinen Basaltgebäude mit drei Kuppeln. Tagsüber sollte ein Wärter vor Ort sein. „Hinter der Umfassungsmauer verbirgt sich ein romantischer Garten“, schreibt ein Leser. „Zahlreiche warme und schweflige Bäche mäandern zwischen Blumen, großen Bäumen, und Schatten spendenden Palmen... Es ist kein Ort der Sauberkeit“. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Wenn Sie weiter in den Ort hineinfahren, sich links halten und sich nach dem Hotel ABOU HARB durchfragen, landen Sie oberhalb des Yarmuk-Tals. Der Fluss hat sich eine tiefe Schlucht gegraben, am Steilhang gibt es einige Restaurants und einen Pfad, der an einer kleinen Tropfsteinhöhle vorbei hinunterführt.

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Zurück zur vorigen Kreuzung.

033P1000626 Himma Yarmuktal

El Hamma, Yarmuk-Schlucht

***Umm Qays (Gadara)

Das von den Römern Gadara genannte Städtchen wurde auf einem rund 350 m hohen, steil abfallenden und nach Westen weisenden Bergsattel erbaut, wobei das Jordantal tief unten in der Gegend der Yarmuk-Mündung bereits 200 m unter NN liegt.

Damit breitet sich die Landschaft nach Westen und Nordwesten weit offen vor dem Besucher aus, die geschichtsträchtige Aussicht reicht weit in die Ferne. Da ist zunächst der See Genezareth, von den Golanhöhen im Vordergrund leicht verdeckt, dann lässt sich ein Stück Libanon zumindest erahnen, während weiter nördlich Syrien relativ nah angrenzt. Umm Qays ist besonders im Frühling eine Reise wert, dann ist es ringsum in ein Blumenmeer eingebettet.

Die Umm Qays Gegend ist für die hervorragende Olivenqualität bekannt, nicht zuletzt auch für die Schlacht am Yarmuk, bei der 636 nC das byzantinische Heer unter Theodorus von der muslimisch-arabischen Armee unter Khalid bin Al Walid geschlagen wurde. Damit fielen Palästina und Syrien endgültig in die Einflusssphäre des Islam.

Hintergrund: Der an einer alten Karawanenstraße gelegene und militärisch gut zu verteidigende Bergsattel von Gadara war schon im 4. Jh vC besiedelt, im 2. Jh vC wurde die erste Stadtmauer angelegt. Der Ort entwickelte sich dann in hellenistischer Zeit – zunächst unter den Ptolemäern und dann den Seleukiden - zur bedeutendsten Stätte griechischer Kultur östlich des Jordans. Bekannte hellenistische Intellektuelle wie Menippos oder der Lyriker Meleagros wurden in Gadara geboren bzw. lebten hier.

198 vC geriet die Stadt unter ptolemäischen Einfluss, 100 Jahre später nahm sie der jüdisch-strenge Alexander Iannäus ein, 63 vC ließ sich Pompejus als Befreier feiern. In römischer Zeit wurde der Ort schon bald Mitglied der Dekapolis. Octavian, der spätere römische Kaiser Augustus, schenkte 30 vC Gadara gegen den Willen vieler Bürger dem Herodes I; viele Einwohner sollen daraufhin wegen der Unterdrückung durch die jüdischen Besatzer Selbstmord begangen haben. Erst nach dem Tod von Herodes wurde Gadara, das sich schnell erholte, wieder ins Römische Reich eingegliedert.

034 IMG 0344 Umm Qays Sitze mit Rueckenlehne im Westtheater

Theater mit bequemen Sitzen in der obersten Reihe für die Bessergestellten...

In wechselvoller Geschichte konnte sich die Stadt – vom 4. bis 7. Jh als Bischofssitz – halten, doch 636 mit der Schlacht am Yarmuk verlor Byzanz den Vorderen Orient und damit auch Gadara. Unter den Muslimen scheint sich das Wirtschaftsleben nicht wesentlich verändert zu haben, wie neuere Forschungen ergaben. Weitgehend zerstört wurde die Stadt schließlich durch die Erdbeben von 747 und 750.

1806 identifizierte der deutsche Reisende Ulrich Seetzen die Ruinen als Gadara, erst in den 1970er Jahren begannen systematische Ausgrabungen. Nomadenfamilien hatten sich im 19. Jh mit den alten Steinen ein kleines Dörfchen auf den römischen Ruinen gebaut. 1986 wurden sie gegen Entschädigung umgesiedelt, damit die Archäologen dort weitergraben konnten. Doch die Häuser stehen immer noch leer am alten Platz…

Kennenlernen: Gleich am Ortseingang rechts zweigt eine Straße in das Ruinengelände ab (von Irbid kommend dort, wo sich die Straße zum Yarmuk hinunterzuwinden beginnt). Der Parkplatz liegt links (südlich) des Ruinenhügels, neben der ehemaligen Stadtmauer. Auf dem Weg dorthin gibt es gleich links, nach dem Abzweig von der Hauptstraße, zwei historische Grabkammern (Germani [2] und Modestus) zu sehen. Die Steintore des Germani-Grabes drehen sich noch in ihren Angeln.

MEHR im Reiseführer ab Seite 231

 

Weiter Richtung Irbid

Nach ca. 17 km Abzweig

**Abila (auch Quelba)

Hintergrund: Siedlungsspuren lassen sich bis etwa 4000 vC zurückverfolgen. Abila selbst wurde vermutlich unter den Seleukiden gegründet, zumindest jedoch besiedelt und ausgebaut, wie der Fund einer Marmorstatue der griechischen Jagdgöttin Artemis zeigt. 63 vC gliederte Pompejus den Ort in die Gilde der Dekapolis-Städte ein, womit dessen Bedeutung unterstrichen wurde. Unter den Römern entstanden verschiedene Bauten und Erweiterungen der Stadt wie auch ein Wasserleitungssystem mit bis zu 1,5 m hohen Tunneln, in denen Wasser von der Quelle Ain Quelba und einer weiteren Quelle herangeführt und verteilt wurde. In byzantinischer Zeit avancierte Abila zum Bischofssitz und beherbergte etwa 9000 Bewohner; mindestens sieben – wahrscheinlich mehr – Kirchen dienten dem Seelenheil. Nach der verlorenen Schlacht der Christen gegen das muslimische Heer - ganz in der Nähe am Yarmuk – erfolgte der Übergang in frühislamische Kalifate ziemlich reibungslos. Das Erdbeben von 747 sorgte für die Zerstörung der Siedlung. Erst in der späteren Abbasiden-Zeit scheint sich das Leben geändert zu haben. Die Existenz der Siedlung lässt sich bis in die mamlukische Epoche weiterverfolgen, nur aus osmanischer Zeit liegen keine Belege vor. Doch spricht Vieles dafür, dass die fruchtbare und wasserreiche Umgebung durchgängig besiedelt war.

36P1000112 Abila gesamt Auschnitt

Gesamtes Ausgrabungsgelände von Abila

Kennenlernen: An den Säulen der Basilika auf dem Tell Umm el Ammad (Mutter der Säulen) angekommen, sollte man sich zunächst einmal über die Topografie klar werden, denn es lässt sich leicht übersehen, dass sich die ursprüngliche Stadt über etwa 1,5 km in Nord-Süd-Richtung und 0,5 km von Osten nach Westen ausdehnte. Unten im Tal wurden u.a. die Ruinen eines Badehauses, diverser Kirchen und weiterer Gebäude ausgegraben, ebenso auf dem gegenüberliegenden Hügel namens Tell el Abila.

MEHR im Reiseführer ab Seite 236

Schlacht am Yarmuk am 12. August 636

Glaubt man den Angaben am Aussichtspunkt Saham hinunter ins Yarmuk-Tal, dann wurde dort unten Weltgeschichte geschrieben. Es heißt, dass bei der Schlacht Muslime unter Khalid bin Al Wali gegen Byzantiner unter Theodorus 4000 Muslime ihr Leben verloren und 80 000 byzantinische Soldaten niedergemacht wurden. Christliche Quellen nennen andere Zahlen. Jedenfalls war das Ergebnis der verlorenen Schlacht, dass sich die Muslime daran machten, neben Syrien und Palästina ganz Nordafrika bis hin nach Spanien in einem Feuersturm zu Lasten von Byzanz zu erobern.

MEHR im Reiseführer Seite 238

6.3 Die Wüstenschlösser

Die Wüstenschlösser verbanden Lust und (Verteidigungs-)Last – jedenfalls teilweise – miteinander. Als Verteidigungsanlagen entstanden einige Forts unter den Römern. Eine Theorie über den Ursprung der Anlagen besagt, dass sich die arabischen Eroberer schwer ans Stadtleben zwischen einengenden Mauern gewöhnten. Sie zogen nur zu gern in die Festungsmauern mitten in der Wüste, wo sie der Jagd und sonstigen Genüssen ungestört frönen konnten. Andere wiederum nehmen an, dass sich die Herrscher zur Meditation und zum Beten in die Wüste zurückzogen. Die Historiker scheinen sich auf die Mitte zu einigen, dass es hier um beides ging: sowohl nostalgisch dem alten Lebensstil nachzuhängen als auch, andererseits, dem Ernst des islamischen Lebens Tribut zu zollen. Weitere Theorien besagen, dass die omayadischen Herrscher hier besseren Kontakt zu den ihnen treu ergebenen Beduinenstämmen fanden oder dass die Schlösser komfortable Stationsunterkünfte auf dem Pilgerweg nach Mekka waren.

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Ob es tatsächlich ein mehr oder weniger gemeinsamer Hintergrund war, der über 20 Wüstenschlösser – hier eher als Gattungsbegriff auch für Anlagen in fruchtbarem Gebiet gemeint – im heutigen Syrien, Libanon, Jordanien und Israel entstehen bzw. wiedererstehen ließ, wird wohl noch länger für Diskussionsstoff sorgen.

Zwar werden die Wüstenschlösser als gewaltige Attraktion angepriesen, doch darf man sich kein “Schloss” unserer Vorstellungswelt ausmalen, weder von der Ausdehnung noch vom Prunk her. In den meisten Fällen handelt es sich um zusammengestürzte Mauern, die vergleichsweise kleine Flächen umschlossen. Selbst wenn man die Perle, das Amra-Schlösschen, betrachtet, kann kein eigentliches “Schlossgefühl” aufkommen.

Erwarten Sie also unter der Kombination “Wüste” und “Schloss” nichts Sensationelles, so interessant dies auch klingen mag. Es handelt sich lediglich um eine relativ charakteristische Wohnform einer bestimmten Herrscherelite einer bestimmten Zeit. Die im Folgenden beschriebene Rundreise kann man bequem in einen Tag packen; sie ist gleichzeitig ein Trip in die Wüste – obwohl Wüstenstimmung auch nicht so recht aufkommt: Diese Gegend ist immer wieder genutzt, ob von Militär oder Steinbrechern oder sonstigen Betrieben. Da beide Straßen in die Nachbarländer führen, rollt ununterbrochener Schwerverkehr vorbei; Wüstenstille gibt es nicht mehr. Wer wenig Zeit hat, sollte sich wenigstens Qasr el Amra anschauen, das auf einer schnellen Asphaltstraße 80 km von Amman entfernt ist. Bei etwas mehr Zeit läge Azraq nur 16 km weiter entfernt.

MEHR im Reiseführer ab Seite 240

Die Omayaden

Die Omayaden waren sozusagen die Erfinder der Wüstenschlösser, daher ein paar Worte zu ihrer Lebensweise.

Nach der Ermordung Alis, Mohammeds Schwiegersohn, übernahmen sie im Jahr 661 die Macht, also nur 29 Jahre nach dem Tod des Propheten. In dieser kurzen Zeitspanne hatte sich das bis dahin am unwirtlichen Rand des Weltgeschehens gelegene beduinische Arabien explosionsartig entfaltet und als Weltreich etabliert. Der Regierungssitz war vom abgelegenen Mekka in die Metropole Damaskus verlegt worden – nur wenige Steinwürfe von unseren Wüstenschlössern entfernt…

Die Omayaden fielen historisch – neben ihren großen politischen Erfolgen – auch als lebensfreudige Genießer auf. Sie bauten diverse Paläste und prägten einen unverwechselbaren Baustil, z.B. mit dem Felsendom von Jerusalem, als einem hervorragenden architektonischen Monument ebenso wie mit der Omayaden-Moschee von Damaskus sowie weiteren großen Moscheen.

In den alten Tagen hatte Alkohol auch im Leben der Wüstensöhne eine Rolle gespielt. Neben dem eigentlichen Genuss konnte ein Trinker mit eherner Standfestigkeit seiner Umgebung imponieren. Vielleicht war dies Ausrede genug, die Trinkfähigkeit im Sinne der Staatsautorität auch weiterhin zu trainieren. Von Walid II wird berichtet, dass er sich – nackt in einem mit Wein gefüllten Becken liegend – bis zur Bewusstlosigkeit betrinken konnte.

Wie das Amra-Schlösschen zeigt, waren die Herrscher auch der Fleischeslust nicht abgeneigt. Die Omayaden mögen als Erfinder des Harems gelten, der sich aus dem Zusammenleben mit mehreren Hauptfrauen entwickelte, um die sich immer mehr Konkubinen ansammelten (später brachten es ihre indischen Mogul-Kollegen auf über 1000 Haremsangehörige). Nur darf man nicht glauben, dass die Geliebten etwa unseren Schönheitsidealen entsprachen; ein Walid würde sich beim Anblick unserer Schönheitsköniginnen vermutlich im Grabe wegdrehen. Aus der Literatur geht hervor, dass die damalige Idealfrau so dick war, dass sie nur schwer aufstehen konnte und bei schnelleren Bewegungen atemlos wurde; ihr Po sollte so ausladend sein, dass sie Schwierigkeiten hätte, durch Türen zu gehen.

Die Lieblingsfrau von Walid I kam diesem Ideal sehr nahe: Bei 1,50 m Größe wog sie 110 kg, hatte einen Körperumfang von 170 cm und stöhnte oder schrie vor Schmerzen bei jedem Schritt…Prunk, Verschwendung und Imponiergehabe gehörten auch damals zum erfolgreichen Herrscherhaus. In seinen Wüstenschlössern konnte ein Kalif kaum besser den beduinischen Verbündeten durch seine Hofhaltung imponieren. Schon allein die großen Mengen an Wasser, die in einem solchen Schloss verbraucht wurden, waren aus beduinischer Sicht eher unvorstellbar, oder gar die Tatsache, gemeinsam mit dem Kalifen in einem wohltemperierten und parfümierten Bad zu sitzen, musste den Wüstenmenschen ungeheure Achtung einflößen.

Doch am Ende, nach nur 89 Jahren Herrschaft, verloren die Omayaden den Machtkampf gegen die Abbasiden, die 750 das gesamte Geschlecht ausrotteten. Nur Abd er Rahman entkam. Er flüchtete nach Spanien und proklamierte in Cordoba ein Gegenkalifat.

Nach der Niederlage der Omayaden verlegten die Abbasiden das Kalifat von Damaskus nach Bagdad.

 

 *Qasr el Hallabat

Hintergrund: Die Ursprünge der Anlage gehen wahrscheinlich auf die Nabatäer zurück; die Römer übernahmen nur zu gern Lage und Anlage, um die nordöstlichen Wüstengebiete zu kontrollieren. Vermutlich war es Marcus Aurelius, der im 2. Jh mit diesem Fort die von Trajan gebaute Handelsstraße Via Nova Trajana von Damaskus zum Roten Meer (Aila, heute Aqaba) schützen wollte. Eine Inschrift berichtet über eine Erweiterung zwischen 211 und 215. So wuchs im Laufe der Jahrhunderte eine massive Festung heran. Aus einer anderen Inschrift geht hervor, dass die Anlage in der byzantinischen Zeit als christliches Kloster diente, bis es die Omayaden im 8. Jh nC in ein repräsentatives Schlösschen verwandelten, geschmückt mit Mosaiken sowie Fresken auf Stuckwänden. Zusätzlich erbauten sie eine durchdachte Wasserversorgung und eine Moschee.

Die Anlage wurde in jüngerer Zeit sehr gut restauriert. Man braucht nicht viel Fantasie, um sich zumindest in die Zeit der Omayaden zu versetzen.

Kennenlernen: Der Komplex ist weiträumig eingezäunt. Vom neu gebauten Visitor-Center, das keine Information außer dem üblichen Wüstenschlösser-Prospekt bietet, geht man den Hügel hinauf. Oben wird man von einem der Wächter erwartet, der verschlossene Türen öffnet und in holprigem Englisch auf Details aufmerksam macht.

MEHR im Reiseführer ab Seite 241

 

***Oase Azraq

Hintergrund: Die Oase Azraq, mit etwa 8000 Einwohnern, verdankt ihre Existenz dem Beginn des Wadi Sirhan, das sich bis Saudi Arabien hinzieht. Grün und etwas zerzauste Palmen überraschen den Wüstenfahrer, wenn er die Oase betritt. Aber so eine richtige Oase ist Azraq nun auch nicht, weil die Vegetation eher spärlich ausfällt und stark von der Jahreszeit abhängt. Die winterlichen Regenfälle sammeln sich in Seen und Sümpfen, die im Sommer austrocknen und zur Salzgewinnung genutzt werden. Ab Spätherbst dient die Oase (wieder) vielen Vögeln als Rast- oder Überwinterungsplatz, daher ist sie unter Ornithologen gut bekannt.

Im 19. Jh siedelten sich im südlichen Teil von Azraq (Azraq es Shishan) Tscherkessen, im 20. Jh im nördlichen Teil (Azraq ed Duruz, auch Azraq as Shomali) Drusen an. Die unsichtbare Grenze zwischen beiden Gruppen besteht praktisch heute noch, jede wird von einem eigenen Bürgermeister vertreten. Der südliche Ortsteil ist eine Ansiedlung von Shops und Werkstätten an der Durchgangsstraße nach Saudi Arabien; im nördlichen Oasenteil wird man in eines der üblichen jordanischen Dörfer versetzt, hier liegt auch das Wüstenschloss.

Bereits prähistorische Jäger und Sammler lebten an der einzigen, östlich des Jordans gelegenen Wasserstelle innerhalb einer weiten und trockenen Wüste. Die Römer schützten das fruchtbare Wadi Sirhan gegen räuberische Beduinen durch eine Festung an seinem Nordrand, die um 200 nC errichtet und unter Diokletian um 300 erweitert wurde. Im 8. Jh ließ der Omayadenfürst und spätere Kalif Walid II das Kastell zu einem Schloss umbauen. Es diente dem lebensfrohen Kalifen wohl als Lieblingssitz, denn in der Oase fand er genug Wild zum Jagen, es gab Wasser im Überfluss und für die anderen seiner Hauptgenüsse – Wein, Weib und Gesang – war sicher auch gesorgt. Eine Inschrift der Ajubiden aus dem Jahr 1238 lässt darauf schließen, dass damals das Schloss seine heutige Gestalt erhielt. Fortan diente es mehr als militärischer Stützpunkt – bis 1917/18, als T. E. Lawrence hier sein Winterquartier aufschlug.

Kennenlernen: Das Schloss (8-18 Uhr) – Qasr el Azraq – ist gänzlich aus schwarzblauen Basaltsteinen erbaut, es wirkt nicht gerade wohnlich. Der nahezu quadratische Grundriss, die dicken Mauern und rechteckigen Türme gehen auf die Römer zurück. Ein Erdbeben im Jahr 1927 richtete starke Schäden an.

Der Wärter führt am Eingang gern die noch vorhandene und funktionsfähige, tonnenschwere Basalttür vor. Im Torbereich fallen Steinplatten mit Kuhlen auf, die als Spielbrett (angeblich der Römer) verwendet wurden...

MEHR im Reisefüher ab Seite 244

037 IMG 0112 bei Al Azraq Wetlands Reservoir Wasserbueffel

Wetland Reserve - so sah es früher in Azraqs freier Natur aus

Östlich der Straße, welche die beiden Ortsteile verbindet, breitet sich die Azraq Wetland Reserve aus, eine jetzt unter der Schirmherrschaft der Royal Society for the Conservation of Nature (RSCN) stehende Nature Reserve. Kurz nach der T-Kreuzung, am Eingang zur Oase, zweigt im südlichen Ortsteil links eine ausgeschilderte Straße zum Besucherzentrum ab. Bis Ende der 70er-Jahre herrschte hier noch reges “Wildlife”, Wasserbüffel suhlten sich in den Tümpeln, in denen verschiedene Fischarten lebten, Zugvögel rasteten hier. Doch das Bild änderte sich dramatisch, als die Wasservorkommen zum großen Teil abgepumpt und nach Amman wie auch zu landwirtschaftlichen Projekten geleitet wurden, leider viel mehr als durch den unterirdischen Zufluss aus Syrien nachsickerte. Viele Seen trockneten aus, der Vogel- und Wildbestand ging drastisch zurück, viele Wildtiere einschließlich der Wasserbüffel starben aus (allerdings auch durch Jagen).

Seit 1994 versucht man, das Rad zurückzudrehen, um der drohenden Versteppung und Verwüstung zu begegnen. Wasser wurde wieder zurückgepumpt, und die Natur half zusätzlich mit einem in dieser Gegend sehr regenreichen Winter. Langsam, vielleicht zu langsam füllen sich Tümpel und Seen wieder, auch Vögel kehren zurück. Allerdings dürfte es noch viele Jahre dauern, bis der ehemalige Zustand der Nassgebiete wieder erreicht sein wird. Zur Vogelbeobachtung sind schöne Pfade innerhalb des Reservats angelegt worden.

Im Besucherzentrum bemüht man sich, die Gäste über die Entwicklung der Wetlands zu informieren. Innerhalb des Reservats wurde ein anschaulicher Rundgang – z.T. auf Holzbohlen/-stegen – angelegt, der, streckenweise durch eine Schneise im dichten Schilf, u.a. zu einer Vogelbeobachtungsstation führt.

Unweit östlich von Azraq und östlich der neuen Autobahn liegt die Shaumari Nature Reserve ab, Hier schufen die Jordanier mit Unterstützung des World Wildlife Fund einen Wildpark, in dem Tiere wieder heimisch werden sollen, die einst in der Umgebung lebten und ausgestorben oder davon bedroht waren. Vor allem geht es um Oryxantilopen, die in freier Wildbahn nicht mehr existierten. Heute weiden 60 bis 70 Oryxe mit ihren langen, spießgleichen Hörnern in dem 75 qkm großen Reservat, dazu einige Strauße und weiße Wildesel; auch das letzte Paar der einst in der Oase lebenden Wildpferde ist hier untergekommen. 

Am Eingang zur Reserve wurde in den letzten Jahren ein sehr informatives und anschauliches Visitor Center gebaut, dessen Besuch schon allein den Weg von Azraq hierher lohnt. Es wird sowohl die Geologie wie auch die botanische und biologische Situation der umgebenden Wüste beschrieben und in Schaukästen beispielhaft dargestellt. Ranger erklären gern und ausführlich Hintergründe. Es wird sowohl die Geologie wie auch die botanische und biologische Situation der umgebenden Wüste beschrieben und in Schaukästen beispielhaft dargestellt. Ranger erklären gern und ausführlich Hintergründe.

MEHR im Reiseführer ab Seite 246

****Qasr el Amra

Das Rote Schlösschen – Qasr Amra –, das eindrucksvollste aller Wüstenschlösser, fällt schon von der Straße her durch seine kompakten Tonnengewölbe auf. Es wurde Ende der 90er-Jahre von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Ein kleines Visitor-Center informiert darüber und grundsätzlich über die Anlage.

Hintergrund: Wahrscheinlich geht das Bauwerk auf eine Karawanserei am Weg ins Wadi Sirhan zurück. Die Inschriften lassen nur wenige Rückschlüsse auf Erbauer und Nutznießer zu. Vermutet wird, dass der Omayaden-Kalif Walid I den Gebäudekomplex 705-715 zu einem (sehr privaten) Jagd- und Badeschlösschen ausbauen ließ und dass u.a. der lebensfrohe Walid II und/oder Yazid III es sich hier gut gehen ließen. Die im Islam ganz ungewöhnliche Offenheit, mit der menschliche Abbilder, und noch dazu von Frauen, großflächig an die Wand gemalt wurden (wo doch bildliche Darstellungen von Menschen verboten bzw. verpönt sind), muss man wohl der frühislamischen Epoche zugute halten, in der sich diese Richtlinien erst entwickelten. Später blieb das Schlösschen sich selbst überlassen, weil die Beduinen die hier wohnenden Geister zu Tode fürchteten. 1898 entdeckte es der österreichische Forscher Alois Musil wieder. 

Kennenlernen: Der Eingang führt direkt in die Audienzhalle, die mit drei Paralleltonnengewölben überdeckt ist. Der Tür gegenüber liegt die Thronnische, auf beiden Seiten von Alkoven flankiert, die vermutlich als Prinzenschlafzimmer dienten. Die Wände der Audienzhalle waren im unteren Bereich marmorverkleidet (inzwischen abmontiert), darüber mit Stuck bedeckt. Die Stuckschicht ist mit reichen Fresken in safranfarbigen, blauen und braunen Farbtönen verziert, die über die damalige Zeit berichten. Allerdings darf man kein fröhliches Farbenspiel erwarten. Die Bilder haben viel an Glanz verloren, man muss sich außerdem erst an das Halbdunkel gewöhnen, um die Bildfragmente erkennen und deuten zu können.

038WT P1000447 Amra Schoene aus dem Bad

Die Schöne aus dem Bad

Auf der rechten Wand (Westwand) ist eine ziemlich massige Schöne zu sehen, die, nur mit Diadem, Halskette, Armreifen und Badehöschen bekleidet, dem Bad entsteigt und von Höflingen (oder auch Dienern) bewundert wird. Links neben der Dame sind Porträts des byzantinischen Kaisers Caesar, des letzten Westgotenkönigs Roderich, des letzten Sassaniden-Herrschers Kirsa (Chosrau) und von Negus, dem äthiopischen König, dargestellt. Immerhin können die Herrschaften anhand der arabischen und griechischen Bildunterschriften identifiziert werden.

MEHR im Reiseführer ab Seite 247

**Qasr el Kharanah

Hintergrund: Über ihren Erbauer und das Datum ihres Entstehens gibt diese Anlage keine Auskunft. Selbst ihr Zweck ist umstritten, die Theorien reichen von einer Karawanserei über eine Festung bis zu einem Palast, in dem Staatsgeschäfte getätigt wurden. Lediglich eine kufische Inschrift deutet auf das Jahr 710, in dem das Gebäude bereits existierte. Kharanah gilt als das baulich besterhaltene der Wüstenschlösser, selbst das Obergeschoss ist weitgehend intakt. Auch hier wurde ein – bis dato nutzloses – Visitor-Center, etwas versteckt, in einer Senke auf der von der Straße abgewandten Seite erbaut.

Kennenlernen: In der Nähe des Visitor Center steht ein Beduinenzelt, dort wird man gastlich mit Minze-Tee bewirtet.

Man betritt das nahezu quadratische Bauwerk durch einen schmalen Eingang im zentralen, halbkreisförmigen Turm im Süden. Vermutlich wurden die Räume rechts und links neben dem Eingang im Erdgeschoss als Stallungen oder als Lager genutzt. Vom Eingang geht man geradeaus weiter in den zentralen Hof, in dem eine Zisterne lag und ein Abwassersystem vorhanden war. Auf der West-, Ost- und Nordseite des Hofs gruppieren sich Wohnräume jeweils um einen Hauptraum (Beit-System).

040 P1000580 Khanranah

Kharanah – wird vom Lärm der stark von LKW frequentierten Straße geplagt

MEHR im Reiseführer ab Seite 249

**Qasr el Mushatta

Das letzte Wüstenschloss unserer Rundreise liegt direkt neben dem Queen Alia Flughafen, südlich von Amman.

Vorsicht beim Fotografieren der Umgebung, hier handelt es sich um Militärgelände!

Hintergrund: Sehr wahrscheinlich ließ 743 der Kalif Walid II diese Anlage erbauen. Mit 144 m Seitenlänge handelt es sich um eines der größten Wüstenschlösser. Allerdings liegt der Platz 25 km von der nächsten Wasserstelle entfernt; beim Bau sollen viele Arbeiter umgekommen sein. Vielleicht hat 744 diese “mörderische” Baustelle eine Revolte ausgelöst, die den Kalifen das Leben kostete. Yazid III, sein Nachfolger, musste geloben, alle Bauarbeiten einzustellen.

Dem unvollendeten Schloss geschah dann 1903 ein weiteres Missgeschick: Der Osmanensultan Abdul Hamid schenkte die mit Reben und Tieren überaus reich verzierten Frontpartien der Südfassade dem deutschen Kaiser Wilhelm II, der sie auf die Berliner Museumsinsel verfrachten ließ, wo sie heute im Museum für Islamische Kunst zu bewundern sind. Bruchstücke der Südfassadenverzierungen sind noch vorhanden, sie vermitteln einen Eindruck der handwerklichen Kunst der Steinmetze.

041 IMG 5589 Mushatta Empfangshalle

Ehemalige Empfangshalle

Kennenlernen: Im Grunde bieten diese Ruinen nicht viel. Man kann die Ziegelarchitektur bewundern, deren Technik besonders in den Tonnengewölben zum Ausdruck kommt. Um sie aber mit Leben zu erfüllen, würde man einen Märchenerzähler der Kategorie Tausendundeine Nacht herbeiwünschen. Denn die vorhandenen Trümmer wirken wenig stimulierend.

MEHR im Reiseführer ab Seite 250

 

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